In unserer Gesellschaft wird der Anspruch gestellt, dass die Hunde hören- oder wie wir Schweizer sagen: guet folget.

Dieser Anspruch ist in uns so sehr verinnerlicht, dass viele Menschen es quasi als Grundveranlagung des Hundes ansehen. Sie haben oft die Erwartungshaltung, dass es einfach selbstverständlich ist, dass es ein Hund tut, bzw. tun sollte.

Entsprechend belastend kann es für die Menschen sein, wenn sie einen Hund an ihrer Seite haben, der es sehr oft nicht tut. Sie schämen sich, sind frustriert und ratlos.

Und nicht selten werden Sie dann laut, wollen ihrem "Befehl"- adressiert an ihrem Hund- körperlichen Nachdruck verleihen. Sie beugen sich vornüber, mit dem Zeigefinger deuten sie vermeintlich unmissverständlich dorthin, wo sich ihr Hund gefälligst zu begeben hat, und..........

 

,,,,,,, erreichen damit meist das Gegenteil. 

Bild von Cleker- free-Vektor- Images auf Pixabay. Herzlichen Dank!
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Warum ist das so?!

Hunde hören und kennen zwar unsere Worte, doch das Beobachten unserer Körpersprache ist ihnen viel näher und viel wichtiger!

Denn Hunde unter sich kommunizieren ausschliesslich über Körpersprache.

Der Mensch, der seinem "Befehl" "kommst Du jetzt hierher!" Nachdruck verleihen möchte, ist in den Augen seines Hundes ein Individuum, welches vornübergebeugt da steht, also den Körperschwerpunkt nach vorne genommen hat, seinen Arm, seine Hand, seinen Zeigefinger nach vorne gestreckt hat,dabei einen grimmigen Gesichtsausdruck macht und laute Lautäusserungen von sich gibt.

Fatalerweise bedeutet alles das in die hündische Sprache übersetzt: "bleib bloss weg von mir!"

Doch es gibt noch andere Gründe, warum Hunde in einer aktuellen Situation nicht hören

...und zwar ohne dass der Hund stur ist oder seinen Menschen dabei vorführen will.

  • wenn Hunde gerade intensiv schnüffeln
Bild von Dana Tentis auf Pixabay. Herzlichen Dank!
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....ist der "Arbeitsspeicher" ihres Gehirns fast vollkommen ausgelastet. Der Hund ist in seiner Geruchswelt versunken und akustische Signale  haben es aktuell sehr schwer, überhaupt wahrgenommen zu werden.

Was da hilft?

Freundlich bleiben, doch stetig und gut dosiert lauter werden, das Signal wiederholen, bis es ankommt:

" Bello hierher....... Bello hierher...... Bello hierher....... Bello hierhier........ Bello hierher........... Bello hierher.....Bello hierher......"

Wir klopfen sozusagen beim Hundegehirn an. Freundlich aber stetig, bis unsere Botschaft ankommt. Und wenn dann Bello wie aus Trance seinen Kopf hebt, "momentmal da war doch was? Mensch hast Du mich gerade gerufen?" Dann freu Dich bitte, gib das Signal noch einmal, freundlich, freudig und feiere es, dass Dein Hund jetzt freudig zu Dir hin gelaufen kommt!

  • wenn Hunde pupertieren

.... wir kennen es von unserem eigenen Nachwuchs. In der Pupertät sind die Kids umgänglich wie ein Kaktus. Morgens sind sie immerzu müde und lustlos, übellaunig. Abends sind sie nicht ins Bett zu kriegen. Und sie scheinen alles, was wir ihnen mühsam beigebracht haben, auf einen Schlag vergessen zu haben. Sie waschen sich nicht mehr die Hände vor dem Essen, sie ziehen sich nicht mehr die Schuhe aus, wenn sie ins Haus kommen, Sie wissen nicht mehr, wozu eine Garderobe oder ein Geschirrspüler und ein Wäscheeimer gemacht sind.

Auf einfache Aufträge, die ihnen verbal zugeteilt werden reagieren sie, als ob Vater, Mutter und Lehrer plötzlich in einer fremden, gänzlich unverständlichen Sprache reden würden.

Bild von David Mark auf Pixabay. Herzlichen Dank!
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Bei unseren Hunden ist es ganz genauso. Und all diese Nachlässigkeit, diese Stacheligkeit, dieses unmögliche, nervenaufreibende Verhalten legen weder Kids noch Hund an den Tag um uns Erwachsene zu ärgern. Nein! Ob Du es glaubst oder nicht, es lässt sich sogar aus verhaltensbiologischer Sicht plausibel erklären.

Während der Pupertät, wenn die Produktion der Geschlechtshormone hochgefahren wird, UND IN DER ZEIT DANACH - der Adoleszenz, gleicht das Säugetiergehirn (und damit auch das des Menschen) einer Grossbaustelle. 

Der Spiegel des Stresshormons Cortisol ist in keiner Lebensphase so hoch wie in der Adoleszenz ( die Phase zwischen der Geschlechtsreife und dem Erwachsenenalter).

Hinzu kommt, dass der Mandelkern, welcher zuständig ist für Emotionen, sehr aktiv ist. Gleichzeitig wird das Gehirnareal, welches für die bewusste Ausführung von Aufgaben und die Lösung von Problemen zuständig ist - der präfrontale Kortex der Grosshirnrinde- umgebaut. Es werden Nervenverbindungen abgebaut, welche im Welpen und Junghundealter wichtig waren, doch nun nicht mehr gebraucht werden.

Gesteigert hingegen wird die Empfindlichkeit für den Botenstoff Dopamin, damit verbunden ist ein gesteigertes Neugierverhalten. 

 

Bild von Joffi auf Pixabay. Herzlichen Dank!
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Für die Verhaltensebene bedeutet all dies:

  • leichtere Auslösbarkeit von emotionalen Reaktionen wie Angst und Aggression
  • Trennungsstress
  • stärkeres Neugier und Erkundungsverhalten
  • leichtere Ablenkbarkeit
  • Probleme mit dem Abrufen von Gedächtnisinhalten

Du siehst, es ist also kein Wunder, dass Hunde gerade in dieser Phase schlecht hören! Viel Ärger kann man sich ersparen, wenn man Verhaltensprobleme wie Angst und Aggression jetzt sofort angeht, damit sie sich nicht verfestigen.

Und viel Ärger kann man sich ersparen, wenn der Hund in dieser turbulenten Zeit an der Schleppleine geführt wird.

Bild von Dominik Zweil auf Pixabay. Herzlichen Dank!
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  • er hat gelernt, dass es sich nicht lohnt zu hören...

Oftmals ist es leider so, dass Menschen durch den Rückruf nicht nur eine für den Hund sehr attraktive Tätigkeit unterbrechen. Nein, zum Lohn für sein Hören, wird er dann oftmals sogar einfach an die Leine genommen, auf seine Platz geschickt, er muss sich hinsetzen und warten........ gääähhhhn.

Kein Wunder, dass sich mancher Hund denkt: "das hat sich jetzt aber überhaupt nicht gelohnt, dass ich zu meinem Menschen gelaufen bin. Das nächste Mal lasse ich mir mehr Zeit!"

Frust _ Bild von  Robbin Higgins auf Pixabay. Herzlichen Dank!
Frust _ Bild von Robbin Higgins auf Pixabay. Herzlichen Dank!